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Wie kocht man im Paradies? Diese Frage stellte sich der Zwei-Sterne-Koch Tim Raue

Der Berliner Zwei-Sterne-Koch Tim Raue auf den Malediven im Luxusresort Soneva Fushi: Eine Gourmetreise der besonderen Art, die in die zweite Runde geht.

Portraitbild von Tim Raue
Der Berliner Sternekoch Tim Raue ist nicht nur mit zwei Michelin-Sternen und 19,5 Gault&Millau Punkten ausgezeichnet, sein Restaurant belegt auch als aktuell einziges deutsches Restaurant einen Platz auf der Liste der The World’s 50 Best Restaurants

Wo gibt es das schon – einen Konvektomaten mit Blick auf den Indischen Ozean?

Während sich Tim Raue vor dem Profi-Heißluftofen seine dunkelblaue Kochjacke zuknöpft, blickt er durchs Panoramafenster auf dieses Türkis, das es nur hier gibt. Der Berliner Sterne-Koch war schon mehrmals auf den Malediven. 2019 hatte er bereits sein Pop-Up Debut im Luxusresort Soneva Fushi. Nun kehrt er zurück, für ganze 15 Wochen!

Tim Raue richtet Essen an

Scharf, süß und sauer: Tim Raue demonstriert seine kulinarische Handschrift im Paradies der Malediven

Das resorteigene Restaurant „Flying Sauces“ ist diesmal Schauplatz seines Schaffens. Raue´s Konzept hier prägt sich aus seiner Liebe zur asiatischen Küche, heimischen Komponenten aus Deutschland und typisch maledivischen Aromen und Zutaten. Ab Oktober 2023 kehrt er für 15 Wochen an seinen Herd auf Zeit zurück. Und „performt“, wie er es nennt, wenn er ein 6-Gänge-Menü zubereitet.

Erhöhtes Baumhaus zwischen Palmen
Hier kocht Tim Raue: das Restaurant Flying Sauces auf Soneva Fushi

Um Tim Raue und Publikum herum grüne Palmenwipfel und Meer mit Honigwaben-Zackenbarsch und Blaukopf-Kaiserfisch

Das ist selbst für einen weit gereisten Spitzenkoch wie Tim Raue nicht alltäglich

Sein Kurzzeit-Projekt im Restaurant „Flying Sauces“ auf Soneva Fushi liegt sensationell: in erhöhter Lage, unter Palmenwipfeln. Gäste erreichen es über eine natürlich gebaute Holztreppe – wenn sie nicht über eine 200m lange, aufregende Zipline durch den Dschungel hindurch direkt an ihren Platz am runden Tisch einschweben.

Im Vorfeld flog Raue hin und schaute sich alles an. Das Restaurant gibt es erst seit 2021 und setzt aufgrund seiner speziellen Lage andere Bedingungen, als sein Berliner Heimatrestaurant. Das will inspiziert und geplant sein, wenn er mit Menü und Team wieder kommt. Seine Fallhöhe ist hier schließlich hoch. Zehn Meter mindestens.

Baumhaus mit Wendeltreppe zwischen Palmen
Mann hängt an einer Zipline im Dschungel
Per Zipline zu Tisch: die aufregendere Alternative zum herkömmlichen Treppenaufgang

Die Soneva-Philosophie:
No news, no shoes

Er lernte das Betreiber-Ehepaar Sonu und Eva kennen. Und deren Philosophie. Dazu gehört, dass nicht nur die Gäste bestes Essen brauchen, sondern das Personal ebenso. „In meinen Restaurants gibt es auch mal Chickenwings als Personalessen, das ist auf jeden Fall verbesserungswürdig“, erzählt er. Auf seinem Tisch steht eine Karaffe Wasser, angereichert mit Edelsteinen. Das Soneva Fushi gilt unter allen Malediven-Hotels als Vorbild, weil sich die Anlage hier stilsicher in der Natur versteckt, weil alle barfuß laufen, Gäste, Personal und auch Tim Raue. „No news, no shoes“ ist das Motto von Soneva, erklärt Raue, der laut Selbstaussage im Monat sonst gern mal 500 Euro für Magazine und Zeitungen ausgibt. Dieses Motto habe ihn sehr geerdet: „Ich habe mich noch nie so erholt wie hier.“

Seit 2016 gehört Tim Raue laut der berühmten The Worlds 50 Best Restaurants-Liste zu den besten Köchen der Welt – als einziger Deutscher.

Das hat er auch seinem Stil zu verdanken, einer Neuinterpretation asiatischer Küche, zu dessen Anhänger er auf vielen Reisen geworden ist. Singapur ist seine zweite Heimat. Acht Stunden am Tag arbeitet er auf den Malediven, das ist halb so viel wie sonst. „Ich werde hier im Endeffekt mit dem Urlaub für das Kochen bezahlt.“ Und mit dem Austausch mit Köchen und Gastronomen. Wer ein Restaurant auf Sterne-Niveau leitet, braucht immer wieder neue Ideen. Gibt seine aber auch gerne weiter und unterrichtet die lokalen Chefs. Junge Talente zu fördern ist ihm wichtig; zu erklären, wie er Kochphilosophien kombiniert – und dass man an sich glauben muss, um Neues ausprobieren zu können. Da gibt es im zweiten Gang zum Beispiel in Zitronenöl zart gedämpften weißen Jobfisch, „der von der Konsistenz am ehesten an Zander erinnert und in einer besonderen Sauce schwimmt, gekocht aus Entenfond mit kostbarer Kamebishi-Sojasauce, die zehn Jahre im Holzfass reift und sündhafte 1.200,- Euro pro Liter kostet“.

Gericht von Tim Raue in einer Schüssel angerichtet

Koch sein allein reicht in der Gourmet-Branche schon lange nicht mehr, man muss auch die Poesie des FoodTalks beherrschen.

Raue beherrscht diese wie kaum ein anderer. Wenn er den Köchen etwas erklärt, benutzt er seine Hände. Schneidet in der Luft, teilt ab, setzt Fäuste dahinter, macht Rollen mit den Fingern. Das ganze Küchenteam steht um ihn herum, wissbegierig, die Hände hinterm Rücken. Sie greifen zu, machen mit, es wird gefilmt und probiert. Die Stimmung ist gut, es wird gelächelt. Tim Raue sei herrisch und unsympathisch, erzählt man manchmal in Berlin. Vielleicht ist das so, wenn man so viel will vom Leben. Aber davon ist hier nichts zu spüren. Von Raues vorherigem Malediven-Refugium führt eine meterlange Wasserrutsche ins Türkis. Auf seinem Instagram-Account kann man ihm dabei zuschauen, wie er dort in Kochjacke und kurzer Hose herunterrutscht. Zu Weihnachten hat er einen Social-Media-Kurs geschenkt bekommen. „Ich mag das eigentlich überhaupt nicht“, sagt er. Auch wie die Plattformen mit all diesen Food-Fotos das Anrichten verändert haben. Das habe er den Köchen hier auch mitgegeben, dass sie nicht überall eine halbe Tomate drauflegen müssen. „Niemand kommt wieder, nur weil das Gericht so schön aussah.“ Aber hier, an seinem temporären Arbeitsplatz, ist es so unrealistisch schön, da ist es einfach, der ganzen Welt übertrieben schöne Bilder zu zeigen: wie er die kleinen Sandpfade mit dem Rad entlangfährt, vorbei am Spielhaus für Kinder, dem Kino, der Sternwarte oder dem Tennisplatz, auf dem Weg zur Küche, in den Garten oder zu seiner thailändischen Kollegin, bei der er täglich „den weltbesten“ Fried Rice vom Holzkohle-Wok zu Mittag isst. Und worauf muss man beim Kochen im Paradies achten? „Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit bleibt nichts lange knusprig“, sagt Raue. Und auf einer Insel zu kochen, auf der es nicht viel gibt, ist auch für einen Profi wie Raue eine Herausforderung. „Da bin ich der präzise Deutsche und sichere mich vorher ab.“ Einige Lebensmittel bringt er mit. Saucen, Fonds, Pürees, Dressings, alles in tagelanger Arbeit vorbereitet und vakuumiert, hoch erhitzt und runtergekühlt. 

„Ich informiere mich vorher natürlich, was ich nicht einführen darf.“ Hier auf den Malediven, deren Bewohner vor allem muslimischen Glaubens sind, gibt es ein paar besondere Regeln. „Schweineprodukte und Pornografie, hatten wir aber beides nicht dabei.“

Das macht Hunger auf mehr!

Gericht von Tim Raue auf einem Teller angerichtet
Gericht von Tim Raue auf einem Teller angerichtet

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